Praxisauflösung

Auch im Falle der Auflösung einer Arzt- oder Psychotherapeutenpraxis ist der Praxisbetreiber weiterhin für die Einhaltung der berufsrechtlichen Aufbewahrungspflicht verantwortlich (§ 10 Abs. 4 S. 1 BO-Ä, § 24 Abs. 1 BO-PT). Daran knüpft auch seine datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit (Art. 24 Abs. 1 DS-GVO) an. Dies bedeutet, dass der bisherige Praxisbetreiber entweder persönlich und unter Wahrung der Schweigepflicht die Behandlungsdokumentationen bis zum Ablauf der berufsrechtlich festgelegten Dauer aufbewahrt oder dafür Sorge trägt, dass sie in gehörige Obhut gegeben werden.

Werden die Behandlungsdokumentationen von dem bisherigen Praxisbetreiber nicht persönlich verwahrt, kann er sie einem Dritten in Obhut geben, sofern dabei die Einhaltung der Schweigepflicht sichergestellt ist. Voraussetzung ist dabei – wie im Falle der Aufbewahrung durch den Praxiserwerber - zunächst der Abschluss eines Verwahrungsvertrags. Darüber hinaus bedeutet die berufsrechtliche Vorgabe der „gehörigen Obhut“, dass der Verwahrer die Behandlungsaufzeichnungen nicht zur Kenntnis nehmen kann, es sei denn, der betroffene Patient hat darin eingewilligt. Der bisherige Praxisbetreiber muss vor der Übergabe an den Verwahrer überprüfen, ob dies auch tatsächlich gewährleistet ist. Zugleich müssen die bisherigen Patienten auch weiterhin eine Zugangsmöglichkeit zu den sie betreffenden Aufzeichnungen haben. Werden die Unterlagen nicht bei dem bisherigen Praxisbetreiber aufbewahrt, ist vor dem Hintergrund der datenschutzrechtlichen Informationspflichten (Art. 13 f. DS-GVO) und dem daraus resultierenden Grundsatz der Transparenz (Art. 5 Abs. 1 lit. a DS-GVO) eine rechtzeitige Unterrichtung der Patienten geboten.

Im Falle des Todes des Praxisbetreibers kann er der berufsrechtlichen Aufbewahrungspflicht selbst nicht mehr nachkommen. Verantwortlich sind nun die Rechtsnachfolger oder, falls keine vorhanden sind, die Berufskammern (s.u.). Überlegenswert wäre aus Sicht des Datenschutzes, für die Abwicklung der Arzt- oder Psychotherapeutenpraxis eine dem Rechtsanwaltsbereich vergleichbare Regelung zu treffen. Nach § 55 BRAO ist im Falle des Todes eines Rechtsanwalts für einen Übergangszeitraum von der Berufskammer ein fachkundiger Kanzleiabwickler zu bestellen. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die berufsrechtliche Schweigepflicht auch weiterhin gewahrt wird.

Sind Erben vorhanden, gehen auf diese im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auch die Nebenpflichten aus dem Behandlungsvertrag über (§ 1967 BGB in Verbindung mit § 630f Abs. 3 BGB). Dies bedeutet, dass die Erben für die Einhaltung der Aufbewahrungspflicht verantwortlich sind. Dabei stehen ihnen die gleichen Möglichkeiten zur Verfügung wie dem noch lebenden, aber nicht mehr praktizierenden Arzt oder Psychotherapeuten: entweder werden die Aufzeichnungen persönlich aufbewahrt oder sie werden einem Dritten in gehörige Obhut gegeben. (zu den Anforderungen s.o.). Von Bedeutung ist, dass nach § 203 Abs. 3 Satz 2 StGB auch diejenigen schweigepflichtig sind, die die zu verschweigenden Inhalte aus dem Nachlass des Verstorbenen erlangen.

Grundsätzlich sollten sich die Erben an die KV RP, den LfDI oder die zuständigen Heilberufskammern wenden, sofern in diesem Zusammenhang ein Beratungsbedarf besteht.

Sind keine Erben vorhanden oder schlagen diese das Erbe aus, müssen gleichwohl die berufsrechtlichen Vorgaben umgesetzt werden. Nach § 10 Abs. 2 BO-PT ist generell die Beendigung der Praxistätigkeit der Berufskammer anzuzeigen.

Die Kammermitglieder haben beim Ausscheiden aus einer eigenen Niederlassung oder bei deren Schließung dafür zu sorgen, dass die in Ausübung ihres Berufs gefertigten medizinischen und pflegerischen Aufzeichnungen und sonstigen dort vorhandenen Patientenunterlagen nach den Vorschriften der Schweigepflicht und des Datenschutzes untergebracht und nur für Berechtigte zugänglich gemacht werden (§ 22 Abs. 2 Satz 1 HeilBG). Für die Einhaltung dieser Pflichten der Kammermitglieder trägt die jeweilige Heilberufskammer eine Letztverantwortung. Denn § 22 Abs. 2 Satz 2 HeilBG bestimmt, dass die Heilberufskammern verpflichtet sind, die Behandlungsunterlagen im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung zu verwahren und zu verwalten, sofern ein Kammermitglied seinen Pflichten nach § 22 Abs. 2 Satz 1 HeilBG nicht nachkommt.

Die dargelegten Grundsätze sind entsprechend anzuwenden, wenn der bisherige Praxisbetreiber plötzlich verschwunden ist und die Behandlungsdokumentationen noch in den Räumlichkeiten der Praxis lagern

Check

  1. Wie hat der Praxisbetreiber die Einhaltung der Aufbewahrungspflicht sichergestellt?
  2. bei externer Aufbewahrung: Sind die Aufzeichnungen in gehöriger Obhut?
  3. beim Tod des Praxisinhabers: Kennen die Erben die von ihnen einzuhaltenden Pflichten?
  4. Sind die Patienten über die weitere Aufbewahrung der Aufzeichnungen unterrichtet?
  5. Ist sichergestellt, dass der Berufskammer die Schließung der Praxis angezeigt wird?