an Angehörige oder Betreuer*innen

Die ärztliche Schweigepflicht gilt auch gegenüber Familienangehörigen der Patient*innen einschließlich deren Ehepartner*innen. Die Erteilung von Auskünften an Angehörige stellt ohne Einverständnis der Patient*innen eine Verletzung der Schweigepflicht dar, sofern nicht ein sonstiger Rechtfertigungsgrund vorliegt. Patient*innen können ihren Willen zur Entbindung von der Schweigepflicht ausdrücklich oder konkludent beispielsweise dadurch deutlich machen, dass sie in Anwesenheit von Angehörigen mit Ärzt*innen bzw. Psychotherapeut*innen über die Krankheit sprechen. Sind Patient*innen über die Diagnose selbst (noch) nicht aufgeklärt, können auch Angehörige keine Informationen zur Diagnose erhalten, da dies dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Patient*innen widersprechen würde. Anders liegt der Fall, wenn Patient*innen erklären, sie wollen selbst keine Aufklärung, möchten aber, dass Angehörige aufgeklärt werden. Auf das Gelten der Schweigepflicht muss auch bei der Rechnungsstellung geachtet werden. Das heißt, Rechnungsempfänger*in ist stets der/ die Patient*in, soweit dies nicht ausdrücklich anders vereinbart wurde.

Die Schweigepflicht gilt grundsätzlich auch im Falle des Todes von Patient*innen; es handelt sich um die sogenannte postmortale Schweigepflicht, die auch gegenüber den Erb*innen besteht. Das Recht zur Entbindung von der Schweigepflicht ist ein höchstpersönliches Recht und geht mit dem Tod der Patient*innen nicht auf die Erb*innen über.

Jedoch steht nach dem Tod von Patient*innen den Erb*innen zur Wahrnehmung der vermögensrechtlichen Interessen ein Einsichtsrecht in die Patientenakten zu, soweit der Einsichtnahme nicht der ausdrückliche oder mutmaßliche Wille der Patient*innenentgegensteht (vgl. § 630g Abs. 3 Satz 1 BGB). Der Grund für die Einsichtnahme ist plausibel darzulegen. Unter diesen Voraussetzungen ist die Einsichtnahme etwa dann zulässig, wenn die Erb*innen Ansprüche gegenüber einer Lebensversicherung oder Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche durchsetzen wollen. Der Nachweis der Erb*innen erfolgt über die Vorlage des Erbscheins.

Weiterhin steht auch den nächsten Angehörigen ein Einsichtsrecht in die Patientenakte zur Wahrnehmung immaterieller Interessen, wie dem postmortalen Persönlichkeitsrecht verstorbener Patient*innen (z.B. Schutz/Wiederherstellung der Ehre des/ der Verstorbenen), zu, soweit der Einsichtnahme nicht der ausdrückliche oder mutmaßliche Wille des/ der Patient*in entgegensteht (vgl. § 630g Abs. 3 Satz 2 BGB). (s. auch "Behandlungsdokumentation – Einsichts- und Auskunftsrecht")

Ist für Patient*innen eine Betreuung gemäß § 1896 BGB bestellt und umfasst der Aufgabenbereich die Gesundheitssorge für die betreute Person (gemäß § 1901 BGB), so stehen Betreuer*innen umfassende Auskunftsansprüche gegenüber den Behandler*innen zu. Aber auch, wenn der Aufgabenbereich nicht die Gesundheitssorge umfasst, wäre ein Anspruch der Betreuer*in denkbar, wenn es zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben erforderlich ist. Ist der/ die Betreuer*in z. B. für die Vermögenssorge eingesetzt, sollte  er/ sie die Rechtmäßigkeit einer Privatrechnung überprüfen können und die dafür notwendigen Angaben erhalten.

Soweit Patientendaten einer betreuten Person – außer aufgrund gesetzlicher Vorgaben – an andere Personen oder Stellen als die Betreuer*innen übermittelt werden sollen, bedarf es hierfür grundsätzlich der Einwilligung der Patient*innen. Nur wenn diese nicht mehr einwilligungsfähig sind, kann die betreuende Person rechtwirksam in die Datenübermittlung einwilligen. Die Einwilligungsfähigkeit setzt grundsätzlich eine entsprechende Einsichts- und Urteilsfähigkeit der Patient*innen voraus, das heißt, sie müssen sich ein eigenes Urteil über den Inhalt und den Sinn, ggf. auch die Konsequenzen der Datenweitergabe bilden können. In solchen Fällen ist eine kurze Dokumentation der Gründe, warum die jeweiligen Patient*innen als einwilligungsfähig anzusehen sind oder gerade nicht, ratsam.

Check

  1. Haben Sie die Angehörigen darauf hingewiesen, dass sie den Grund für die Erteilung der Informationen über den Verstorbenen schriftlich geltend machen müssen?
  2. Haben Sie sich die Vorsorgevollmacht des Betreuten vorlegen lassen?
  3. Haben Sie beachtet, dass die Vorsorgevollmacht auch die Gesundheitssorge umfasst?

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