Gemeinschaftliche Berufsausübung

Bei Gemeinschaftspraxen, bei Praxisgemeinschaften und bei Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) kann es zu dem Ausscheiden einzelner Behandler oder sogar zu einer Auflösung kommen. Wie bei Einzelpraxen müssen auch in diesem Fall das Patientengeheimnis gewahrt und die berufsrechtliche Aufbewahrungspflicht beachtet werden. Rechtlich nicht klar geregelt ist allerdings die tatsächliche Umsetzung dieser Vorgaben, insbesondere der jeweilige Verbleib der Aufzeichnungen.

  • Scheidet ein Arzt oder Psychotherapeut einer Gemeinschaftspraxis aus, verbleibt gleichwohl die Dokumentation seiner Behandlungen in der Praxis. Denn Adressaten der berufsrechtlichen Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht sind regelmäßig alle Inhaber der Gemeinschaftspraxis, mit denen der Patient den Behandlungsvertrag abgeschlossen hat. Möchte der Patient von dem ausscheidenden Arzt oder Psychotherapeuten weiter behandelt werden, hat er die Möglichkeit, über sein Einsichtsrecht eine Kopie der Dokumentation zu erhalten und diesem in dessen neuer Tätigkeit zugänglich zu machen. Nur wenn der Patient zu Behandlungsbeginn ausschließlich von einem Mitglied der Gemeinschaftspraxis behandelt werden möchte, wäre datenschutzrechtlich eine Übergabe der zugrunde liegenden Dokumentation an den ausscheidenden Behandler denkbar. Allerdings besteht weiterhin die berufsrechtliche Dokumentationspflicht der Praxis als solcher. In Zweifelsfällen sollte deshalb die zuständige Heilberufskammer um Klärung gebeten werden.
  • Bei dem Ausscheiden eines Arztes oder Psychotherapeuten aus einem MVZ verbleiben die Behandlungsdokumentationen in jedem Fall im MVZ. Denn der Behandlungsvertrag ist unabhängig von der Ausgestaltung einzelner Behandlungsbeziehungen immer mit dem MVZ als solchem geschlossen. Damit hat das MVZ selbst - ähnlich einem Krankenhaus – die berufsrechtliche Aufbewahrungspflicht einzuhalten. Es bleibt dem Patienten unbenommen, über sein Auskunftsrecht eine Kopie seiner Behandlungsunterlagen zu verlangen.
  • Verlässt eine Arzt- oder Psychotherapeutenpraxis eine Praxisgemeinschaft, gehen die Aufzeichnungen der von dieser Praxis durchgeführten Behandlungen mit. Die Patienten sollten rechtzeitig vor dem Verlassen unterrichtet und über den Verbleib der Behandlungsunterlagen aufgeklärt werden. Für die zurückbleibende Praxis muss geklärt werden, ob zuvor zumindest teilweise in der Praxisgemeinschaft eine gemeinsame Nutzung von Personal oder technischer Infrastruktur bestand, für die die beteiligten Praxen gemeinsam verantwortlich waren im Sinne von Art. 26 DS-GVO. Abhängig von den künftigen Gegebenheiten (entweder Fortführung einer Praxisgemeinschaft oder Umwandlung in eine Einzelpraxis) ist entweder die Vereinbarung nach Art. 26 Abs. 1 Satz 2 DS-GVO anzupassen oder sie fällt weg.
  • Löst sich eine Gemeinschaftspraxis auf, ist der weitere Verbleib der Behandlungsdokumentationen nicht unproblematisch. Konkrete berufsrechtliche Vorgaben fehlen. Angesichts des Grundsatzes der freien Arztwahl sollte vorrangig der Patientenwille beachtet werden. Dies setzt eine frühzeitige Unterrichtung der Patienten mit gleichzeitiger Möglichkeit, den weiteren Aufbewahrungsort der Akten zu bestimmen, voraus. Haben die Patienten keine Regelung getroffen, sollten die Dokumentationen vor dem Hintergrund der Regelung des § 630f Abs. 3 BGB bei dem jeweils zuletzt behandelnden Arzt oder Psychotherapeuten aufbewahrt werden. Allerdings sind auch andere Lösungen vorstellbar, sofern sichergestellt ist, dass der Patient den Aufbewahrungsort der Aufzeichnungen erfahren kann.
  • Löst sich ein MVZ auf, sollte mangels ersichtlicher rechtlicher Vorgaben wie bei der Auflösung einer Gemeinschaftspraxis verfahren werden.
  • Löst sich eine Praxisgemeinschaft vollständig auf, verbleiben auch in diesem Falle die einzelnen Patientenakten bei der jeweils behandelnden Praxis.

In jedem Fall empfiehlt es sich, bei einer gemeinschaftlichen Berufsausübung von Ärzten oder Psychotherapeuten bereits im Rahmen der allgemeinen Patienteninformation kurz auf die jeweilige Rechtsform und dessen Auswirkungen z.B. für die Aufbewahrung der Behandlungsdokumentation hinzuweisen.

Check

  1. Ist geklärt, wo die Patientenakten bei Ausscheiden eines Behandlers verbleiben?
  2. Ist festgelegt, wo die Patientenakten nach Auflösung aufbewahrt werden?
  3. Sind die Patienten rechtzeitig vor Auflösung unterrichtet und befragt worden?
  4. Existiert eine allgemeine Patienteninformation, in der über die Besonderheiten der gemeinschaftlichen Berufsausübung und deren Auswirkungen auf die Datenverarbeitung wie z.B. die Aufbewahrung der Behandlungsdokumentation informiert wird?